Die Geschichte und das Gebäude des IBI
Zur Geschichte des IBI
In Deutschland beginnt die Geschichte der Bibliotheks- und Informationswissenschaft in Göttingen 1886 mit einer Professur. 1921 geht diese nach Berlin an die Berliner Universität (heute Humboldt-Universität), wo sie aber aufgrund fehlender Besetzung 1924 gestrichen wird. Ein Jahr später geht Prof. Dr. Fritz Milkau als Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek (PSB) in Ruhestand und als Honorarprofessor an die Berliner Universität. Dort setzt er in vier Jahren die Einrichtung des Bibliothekswissenschaftlichen Institutes an der Philosophischen Fakultät um, das eine einjährige theoretische Ausbildung für Volontäre in enger Zusammenarbeit mit der PSB vorsieht. Mit 12 Vorlesungen in der Woche beginnt im WS 1928/29 die Ausbildung am Institut. Organisiert wurden die Abläufe noch bis zu seinem Tod 1934 hauptverantwortlich von Milkau, der sich vor allem um Lehrkräfte bemühte und sich für die Vermittlung zwischen Fakultät und Institut einsetzte. Der fehlende Nachfolger für Milkaus Rolle am Institut ist wohl einer der ausschlaggebenden Gründe warum das Institut 1934 von der Universität ersatzlos geschlossen wird. Bis in die Nachkriegszeit kümmert sich die PSB um die Ausbildung für Volontäre. 1951 findet sich an der Humboldt Universität (HU) eine Kommission zusammen, die sich das Ziel setzt, die Bibliothekswissenschaft wieder als anerkannte Fachrichtung an die Universität zu bringen und eine Studien- und Prüfungsordnung zu entwickeln. 1954 gründet die Philosophische Fakultät erneut das Bibliothekswissenschaftliche Institut mit einem Sitz in der Universitätsstraße. Prof. Dr. Horst Kunze wird zum vorübergehenden Direktor ernannt. Er bleibt Direktor bis zur ersten Vollversammlung des Institutes 1969.1966 gründet Prof. Dr. Koblitz eine neue Institutsabteilung für gesellschaftswissenschaftliche Information. Diese führt zur ersten Umbenennung des Institutes in „Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information“. In den 1980ern wird an der Freien Universität zu Berlin (FU) das “Institut für Bibliothekswissenschaft und Bibliothekarausbildung” gegründet. Prof. Dr. Friedrich Nestler, erster offiziell gewählter Institutsdirektor 1990, beschreibt das selbige Jahr als Zeit der „entscheidende Veränderungen am Institut“. Der Prozess der Veränderung am Institut wird auch durch die wechselnde Leitung in den Jahren zwischen 1990 und 1994 sichtbar. Die seit 1991 geplante Fusionierung der Institute der FU und der HU findet 1994 ein Ende. Das „Institut für Bibliothekswissenschaft“ zieht in das Gebäude in der Dorotheenstraße 26 (damals noch Clara Zetkin Straße). 1995 beginnt die HU mit der Umsetzung von Sparauflagen der Landesregierung. Dafür wird der bibliothekarische Diplomstudiengang, der durch die Fusionierung des Institutes an der HU angegliedert worden war, eingestellt und es gehen damit drei Professuren verloren.
Jüngste Geschichte
Sparmaßnahmen führen 2003 dazu, dass die HU erwägt, das Institut gänzlich zu schließen. Eine Protestwelle von Studierenden und Dozierenden wehrt sich dagegen. 2005 entschließt die HU die Bildung einer Kommission zur Neuausrichtung des Institutes. In dieser Phase erhält das Institut seinen heutigen Namen „Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft“. Prof. Dr. Michael Sealde, 2006 als Institutsdirektor eingesetzt, bekam die Aufgabe „das Institut nach amerikanischem Vorbild der iSchools mit einer stärkeren Orientierung an digitalen Medien umzugestalten und die Forschung auszubauen.“ (Kindling, Petras und Seadle 2013, S. 69). Ein Schritt in diese Richtung ist die Angliederung des Institutes an die iSchools im Jahr 2009. 2018 wird Prof. Dr. Vivien Petras zur Institutsdirektorin gewählt.
Referenzen:
Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information (1975), Chronik und bibliographisches Verzeichnis der Veröffentlichungen, Dissertationen, Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten des Instituts 1955-1975 [erarb. von Friedrich Nestler und Gertrud Pannier]. Berlin.
Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information (1980), Chronik und bibliographisches Verzeichnis der Veröffentlichungen, Dissertationen, Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten des Instituts 1955-1980 [erarb. von Friedrich Nestler und Gertrud Pannier]. 2., überarb. u. ergänzte Aufl. Berlin.
Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information (1991), Chronik und bibliographisches Verzeichnis der Veröffentlichungen, Dissertationen, Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten 1980-1990 [erarb. von Friedrich Nestler und Gertrud Pannier]. Berlin
Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin (1995), Chronik und Bibliographie 1990 – 1995 [erarb. von Gertrud Pannier u. Iris Schwarz]. Berlin.
Kindling, M., Petras, V. and Seadle, M. (2013), Editorial. Informationswissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, Information - Wissenschaft & Praxis, 64, 2-3, S. 69 – 73.
Rohde, R. (1981). Zur Geschichte Der Bibliothekswissenschaftlichen Ausbildung in Deutschland Von Der Reichsgründung Bis Zum Ende Der Weimarer Republik. Hochschulschrift: Berlin, Humboldt-Univ., Diss. A, 1981.
Rohde, R. (1985). Das Bibliothekswissenschaftliche Institut an der Berliner Universität - Vorläufer des heutigen Instituts für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information der Humboldt-Universität zu Berlin. Zentralblatt für Bibliothekswesen, 99, S. 19-28.
Über das Gebäude Dorotheenstr. 26, Berlin Mitte
Als Handelskammer Berlin 1903/04 von Wilhelm Cremer und Richard Wolffenstein erbaut, die Bildhauerarbeiten von Ernst Westphal. Dreigeschossig über hohem Souterrain, die barockisierenden Sandsteinfassaden über hohem rustiziertem Sockelgeschoß durch Vorlagen gegliedert. Die fünfachsige, durch Saal im dritten Geschoß etwas höhere Hauptfassade zur Dorotheenstraße mit aufwendigem Mittelportal, bekrönt von überlebensgroßen Liegefiguren beidseitig des die Gliederung des Portals fortsetzenden Balkons am zweiten Geschoß.
Quelle: Die Bau- und Kunstdenkmale in der DDR. Hauptstadt Berlin I. bearbeitet von einem Kollektiv der Abteilung Forschung Gesamtredaktion Heinrich Trost. hrsg. vom Institut für Denkmalpflege. Henschelverlag Berlin, 1984.
Ehemals beherbergte das Gebäude im Obergeschoss einen Ballsaal mit Kamin, später einen PC-Pool sowie eine Zweigbibliothek für Bibliothekswissenschaft. In diesem Bibliotheksraum, der heute als Vorlesungssaal dient, befindet sich an der Nordseite die Überreste eines frühsozialistischen Wandgemäldes. Das Institut für Bibliothekswissenschaft (damals also noch IB) zog 1994/95 in das Gebäude ein. 2009 wurden die beiden Hörsäle erneuert, 2014 das Dach.
Quelle: Kaden, B., Freyberg, L. & Schuldt, K. (2018). Die wechselhafte Geschichte des Gebäudes der Berliner Bibliothekswissenschaft und seiner Umgebung - eine (unvollständige) Recherche. LIBREAS. Library Ideas, 34. Online verfügbar unter: https://libreas.eu/ausgabe34/bau/ [08.10.2019]
Der Architekt Wilhelm (Wilhelm Albert) Cremer
geb. 15. 11. 1845 in Köln
gest. 28. 03.1919 in Berlin
Vita
- Provinzialgewerbeschule Köln 1862-67
- Mitarbeiter bei Julius Raschdorff (Stadtbaumeister)
- ab 1867 Mauermeisterprüfung in Köln, Umzug nach Berlin
- 1868 - 75 Studium an der Bauakademie bei August Friedrich Wilhelm Orth (1828-1901)
- ab 1875 selbständig als Architekt und Lehrtätigkeit zunächst an der KGS (Unterrichtsanstalt am Kunstgewerbemuseum) später an der TH Charlottenburg
- 1878 Bekanntschaft mit Richard Wolffenstein (7. Sept. 1846 - 13. Apr. 1919)
- 1879 Gründungsmitglied der Vereinigung Berliner Architekten
- 1882 Gründung des Architekturbüros Cremer & Wolffenstein mit Richard Wolffenstein
- 1885 Ernennung zum Professor der Unterrichtsanstalt am Kunstgewerbemuseum, Berlin
- 1907 Ernennung zum Baurat
- 1912 Ernennung zum Geheimen Baurat
Ausgewählte Bauten in Berlin
- Kurfürstenstraße 132 - 1895-96
- Villa Beymestraße (Furtwänglerstraße) - 1899
- Hochbahnhof Nollendorfplatz - 1900-01 (nicht erhalten)
- Dorotheenstraße/Ecke Universitäts-Straße : Handelskammer (später Akademie der Wissenschaften der DDR; heute IB der HU), 1903-1904
- Invalidenstraße 48-49 : Kaiser-Wilhelm-Akademie (heute: Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit) 1903-10
- Spandauer Straße 1 : Handelshaus (heute HU-Berlin) 1904-06
- Alexanderplatz : Warenhaus Tietz - 1904-11 (nicht erhalten)
- Pacelliallee/Ecke Bernadottestraße : Villa Strauß - 1914
Quelle: AKL (Allgemeines Künstlerlexikon), Bd. 22 München u. Leipzig: 1999. S. 230f.
Zur Geschichte der bibliothekswissenschaftlichen Ausbildung in Berlin
von Dr. Renate Rohde
Inhalt:
1. Bibliothekswissenschaftliche Ausbildung bis 1955
2. Das Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität 1955-1994
2.1. Allgemeine Entwicklung
2.2. Ausbildung
2.2.1. Ausbildungsziele
2.2.2. Allgemein gesetzliche Grundlagen, Studiendokumente
2.2.3. Lehrinhalte
2.2.4. Einzelne Studiengänge
2.2.4.1. Referendarausbildung
2.2.4.2. Fachreferentenausbildung
2.2.4.3. Kombinationsstudium
2.2.4.4. Vollstudium Bibliothekswissenschaft (Direktstudium)
2.2.4.5. Postgraduales Studium Informations- und Dokumentationswissenschaft
2.2.4.6. Postgraduales Studium Bibliothekswissenschaft
2.2.4.7. Fernstudium Bibliothekswissenschaft
2.2.4.8. Magisterstudium
2.3. Weiterbildungs- und Ausstellungstätigkeit
2.4. Konferenzen, Symposien
2.5. Forschung und Forschungskoordinierung
1. Bibliothekswissenschaftliche Ausbildung bis 1955
Die erste Professur für "Bibliothekshilfswissenschaften" Preußens und Deutschlands wurde 1886 an der Universität Göttingen eingerichtet und von Karl Dziatzko (1842-1903) wahrgenommen.
Ein wichtiger Meilenstein bei der Professionalisierung des wissenschaftlichen Bibliothekars war der vom 15. Dezember 1893 datierte und am 1. April 1894 in Kraft gesetzte preußische "Erlaß betreffend die Befähigung zum wissenschaftlichen Bibliotheksdienst bei der Königlichen Bibliothek zu Berlin und den Königlichen Universitäts-Bibliotheken". Er ermöglichte mittels Volontariat und bibliothekarischer Abschlußprüfung den Einbau der wissenschaftlichen Bibliothekslaufbahn in die übrigen laufbahnrechtlichen Bestimmungen für höhere Beamte.
Danach folgte mit einigen Neuerungen der einschlägige Ministerial-Erlaß vom 13. Januar 1912. <1>
Für die Ausbildung in Berlin ist der § 5, Abs. 2 wichtig, darin heißt es:
" Behufs theoretischer Ausbildung im Bibliothekswesen hat jeder Volontär entweder ein Jahr an den bei der Universität Göttingen gehaltenen bibliothekarischen Vorlesungen und Übungen oder an den Bibliothekskursen teilzunehmen, welche in Abständen von zwei Jahren je ein Winterhalbjahr hindurch an der Königlichen Bibliothek in Berlin stattfinden."
Diese Winterkurse konnten allerdings nicht stattfinden, da der Königlichen Bibliothek durch ihren Umzug in das neue Gebäude Unter den Linden (die Einweihung war März 1914) alle Kräfte gebunden waren.
Danach unterbrach der Erste Weltkrieg alle reformerischen Tätigkeiten bezüglich bibliothekarischer Ausbildung.
Die Professur in Göttingen konnte nach der Pensionierung des letzten Inhabers, Richard Pietschmann (1851-1923), nicht mehr besetzt werden. Es fand sich kein Nachfolger, deshalb wurde diese Professur 1921 an die Berliner Universität übernommen. Auch hier fand sich kein Bewerber. 1924 strich die Universität im Rahmen der allgemeinen Abbaumaßnahmen diese Professur.
Seit Beginn der 20er Jahre führte die Preußische Staatsbibliothek (ehemals Königliche Bibliothek) zur theoretischen Ausbildung der Volontäre praktisch-theoretische Hauskurse durch. Die Volontäre gingen durch alle Abteilungen des Hauses und erhielten daneben täglich eine Stunde theoretischer Unterweisungen.
Prof. Dr. Fritz Milkau
Fritz Milkau (1859-1934), bis 1925 Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek, engagierte sich für die Ausbildung des Berufsnachwuchses. Er wurde 1925 Honorar-Professor an der Berliner Universiät. Da für eine Ausbildung Lehr- und Handbücher unentbehrliche Grundlage sind, nahm Milkau das Projekt eines Handbuches der Bibliothekswissenschaft in Angriff. Im Vorwort stellte er die Frage: "Bibliothekswissenschaft? Gibt es denn so etwas? Ja, das Handbuch der Bibliothekswissenschaft muß doch wohl glauben, daß es so etwas gibt, und wenn es auch nicht gerade darauf ausgeht, den Zweifler zu bekehren, so ist es doch sicher, ihn zum mindesten davon zu überzeugen, daß es mindestens praktische Gründe gibt, die die hier gewählte Benennung des Gegenstandes rechtfertigen." <2>
Unter Bibliothekswissenschaft verstand er "... ziemlich allgemein die Summe aller Bemühungen ..., die sich auf die Erkenntnisse und wissenschaftliche Durchdringung des Buchwesens im weitesten Sinne des Wortes richten, also
- der Schrift von den ältesten Ideogrammen über die Probleme der Paläographie und des Frühdrucks weg bis zur Tiemann-Fraktur und zum Helioplanverfahren, weiter
- des Buches, seiner Form und seines Schmucks, seiner Verzeichnung und seiner Verbreitung von den Papyrusrollen des Alten Reiches herab bis zu den neuesten Erzeugnissen des Buchvertriebs und
- schließlich der Bibliotheken von den Tontafeln Kujundschiks bis zu den Millionendepots mit ihrem Großbetrieb wie andererseits zur winzigen Wanderbibliothek des flachen Landes." <3>
1928 wurde dank Milkaus Initiative eine neue "Ordnung für die Annahme, Ausbildung und Prüfung der Anwärter für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst" erlassen.
Für Annahme und Prüfung der Volontäre war der Beirat für Bibliotheksangelegenheiten zuständig.
Entsprechend der neuen Ordnung sollte das zweite Ausbildungsjahr obligatorisch am Bibliothekswissenschaftlichen Institut und an der Preußischen Staatsbibliothek absolviert werden.
Das Bibliothekswissenschaftliche Institut an der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin nahm im Wintersemester 1928/29 seine Tätigkeit auf. Sein Gründer und Institutsdirektor war Fritz Milkau. Die Wirksamkeit des Institutes wurde mit Interesse im In- und Ausland verfolgt.
Eingang der Preußischen Staatsbibliothek in Berlin
Detaillierte Angaben zu Lehrinhalten und Abschlußarbeiten finden sich bei Renate Rohde. <4>
1933 erkrankte Milkau, 1934 starb er.
Die Universitätschronik 1932/35 teilte kurz und bündig mit:
"Ende des Sommersemesters 1933 trat der Direktor des Instituts, Generaldirektor i. R. Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Milkau, in den Ruhestand. Zu seinem Nachfolger wurde der Erste Direktor der Staatsbibliothek, Prof. Dr. Jacobs, ernannt. Am 23. Jan. 1934 starb Geheimrat Milkau. Ende des Sommersemesters trat Prof. Dr. Jacobs in den Ruhestand. Ein Nachfolger wurde bisher nicht ernannt."
Aus vielerlei Gründen überlebte das Institut seinen Schöpfer nicht:
- Verursacht durch die Weltwirtschaftskrise, wurde ministeriell die Zahl der Volontäre stark reduziert.
- Die Universiätsverwaltung war an dem kleinen Bibliothekswissenschaftlichen Institut mit seiner ausschließlich postgradualen Ausbildungsform nicht interessiert.
- Das Institut war Werk nur eines Mannes. Es gab weder einen geeigneten Vertreter noch engagierte Nachfolger. Milkau bezeichnete seinen designierten Nachfolger als "angesagten Gegner des Instituts".
- Die Staatsbibliothek war der Meinung, die theoretische Ausbildung der Volontäre problemlos im eigenen Hause weiterführen zu können. <5>
In den folgenden Jahren war die Bibliothekswissenschaft nicht institutionalisiert.
Horst Kunze, Wiederbegründer des Instituts 1955, bewertete die Vorgängereinrichtung:
"...aus diesem Institut hätte sich schon in den 30er Jahren eine höhere Form der Ausbildung für Deutschland herausbilden können, als wir sie bis 1945 gehabt haben." <6>
Die theoretische Ausbildung der Volontäre für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst wurde an die Preußische Staatsbibliothek übernommen. Von den 11 Lehrkräften, die im Wintersemester 1933/34 am Bibliothekswissenschaftlichen Institut lehrten, waren 7 Mitarbeiter der Staatsbibliothek.
Die Lehrveranstaltungen der Universitätslehrer wurden ersatzlos gestrichen. Verantwortlich für die Ausbildung war - wie auch schon zuvor - der Beirat für Bibliotheksangelegenheiten. An ihn wurden sowohl die Anträge zur Aufnahme ins Volontariat als auch die auf Prüfungszulassung gestellt.
Die Bibliotheken, die Volontäre für das erste Ausbildungsjahr übernommen hatten, waren verpflichtet, dem Beirat über deren Eignung für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst zu berichten.
Die Akten des Beirates (seit 1936 Reichsbeirat) geben Auskunft über die Anzahl der Bewerber, die davon zum Volontariat Zugelassenen sowie über ihre Abschlußprüfungen und die Themen ihrer Hausarbeiten.
Nicht immer wurden auch Bewerberinnen berücksichtigt. So teilte der Beirat 1935 mit: "Bei der Fülle der vorliegenden, gut qualifizierten männlichen Bewerber mußten die Anträge der 3 Bewerberinnen unberücksichtigt bleiben."<7>
Das bedeutet, daß die Frauen nur eine Chance gehabt hätten, wenn sie besser als die Männer qualifiziert gewesen wären.
Die Prüfungskommission für die bibliothekarische Fachprüfung bestand über die Jahre aus dem Vorsitzenden (Generaldirektor der Preußischen Staatsbibliothek und Vorsitzenden des Beirates, Prof. Dr. Krüß [1879-1945]) und zwei Mitgliedern (dem Ersten Direktor der Preußischen Statsbibliothek, bis 1934 Prof. Dr. Jacobs [1868-1940], ab 1935 Dr. Becker [1883-1949], und dem Direktor der Universitätsbibliothek Bonn, Prof. Dr. von Rath [1881-1948]) sowie seit 1935 einem Kommissar des Ministers, Staatsoberbibliothekar (später Ministerialrat) Dr. Kummer.
Die mündliche Abschlußprüfung betrug je Prüfling 65 Minuten.
Es wurde wie folgt geprüft:
Fach | Prüfer | Dauer in Minuten |
Bibliographie | von Rath | 10 |
Buchdruck, Buchhandel, Einband | von Rath | 10 |
Bibliotheksgeschichte | Becker | 10 |
Bibliotheksverwaltung und Katalogisierung | Becker | 10 |
Handschriftenkunde und Schriftgeschichte | Becker | 10 |
Sprachen insgesamt | 10 | |
davon Französisch | Krüß | (3) |
davon Englisch | Krüß | (3) |
davon Italienisch | Becker | (3) |
NS-Weltanschauung | Kummer<8> | 5 |
<9>
Die Prüfungsnote ergab zusammen mit der bewerteten Hausarbeit das Gesamtprädikat.
Sprachen wurden nur bis einschließlich 1938 geprüft.
Ab 1939 fanden Notprüfungen gleichen Inhalts wie die regulären Prüfungen statt. Diese Notprüfungen wurden bei Bedarf auch für nur einen oder zwei Volontäre durchgeführt.
Insgesamt sind in den Jahren 1933 bis 1944 von der Prüfungskommission 87 ausgebildete Volontäre geprüft worden. Sie waren entweder Anwärter für den staatlichen Bibliotheksdienst oder freie Volontäre, sog. "Nichtanwärter".
Die letzte nachgewiesene Fachprüfung fand am 26.10.1943 für nur einen Prüfling statt. Die Prüfungskommission bestand aus den üblichen Mitgliedern bis auf Prof. Dr. von Rath, der für Notprüfungen nicht mehr zur Verfügung stand und dessen Amt jeweils ein Direktor der Staatsbibliothek übernahm.
Auf eine Hausarbeit wurde in vorliegendem Fall verzichtet, weil der Prüfling bereits Professor war. <10>
Was die Hausarbeitsthemen in den Jahren 1933-1944 anbelangt, so ist fachlich eine relative Ausgewogenheit zu verzeichnen:
Themengruppe | Anteil |
Bibliotheksverwaltung | 18,64 % |
Bibliotheksgeschichte | 18,64 % |
Bibliographie und Wissenschaftskunde | 12,34 % |
Historische Buchkunde (einschl. Buchkunst) | 12,34 % |
Fach- und Spezialbibliotheken sowie einzelne Sammlungen u. Spezialabteilungen |
12,34 % |
Gegenwärtiges Bibliothekswesen | 11,11 % |
Handschriftenkunde | 3,70 % |
Buchhandel | 2,46 % |
Sonstige (Literaturgeschichte, Sprachwissenschaft) | 8, 64 % |
Die Gruppe "Sonstige" resultiert daraus, daß es auf Antrag möglich war, veröffentlichte wissenschaftliche Arbeiten als Examensarbeiten von der Prüfungskommission anerkennen zu lassen.
Während die Beiratsakten, die die Volontäre und ihre Fachprüfungen betreffen, sich in der Staatsbibliothek zu Berlin befinden, bewahrt das Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität die Hausarbeiten der Volontäre auf.
Zunächst wurde noch gemäß der Ordnung für die Annahme, Ausbildung und Prüfung vom 30. Juli 1928 <11>, die hauptsächlich Milkaus Werk war, verfahren. Danach war die nachfolgende "Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst vom 18. August 1938"<12> Grundlage.
Entsprechend dieser für das ganze Deutsche Reich verbindlichen Ordnung konnten die Volontäre für das zweite theoretische Ausbildungsjahr auch an die Bayerische Staatsbibliothek überwiesen werden, wenn das erste Ausbildungsjahr an einer Universitätsbibliothek, an einer der beiden Landesbibliotheken (Dresden, Stuttgart) oder an der Deutschen Bücherei abgeleistet worden war (§ 2, Abs. 2).
Mit der organisatorischen Durchführung der Ausbildung war weiterhin der Reichsbeirat für Bibliotheksangelegenheiten betraut worden (§ 3, Abs. 1).
Nach dem Krieg machte sich natürlich ein spürbarer Mangel an wissenschaftlichen Bibliothekaren bemerkbar. So berichtete Joris Vorstius [1894-1964] über den Stand in der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek, jetzt "Öffentliche Wissenschaftliche Bibliothek", nachmalig Deutsche Staatsbibliothek: "Von den 65 Beamten des höheren Dienstes bei Kriegsende waren am 1. Januar 1946 nur noch 10, also nur rund 15% übrig geblieben. Um so gebieterischer erhob sich die Notwendigkeit, einen Nachwuchs wissenschaftlich ausgebildeter Bibliothekare zu schaffen, der den wenigen im Amt verbliebenen Kräften zur Seite treten konnte. Der erste Schritt dazu erfolgte im Jahre 1946, indem in den Etat der am 1. Oktober 1946 eröffneten Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek sieben Stellen für sogenannte "Assistent-Doktoranden" eingesetzt wurden. Durch diese ein wenig ungewohnt erscheinende Bezeichnung sollte zum Ausdruck gebracht werden, daß es sich nicht um bloße Anwärter - Bibliotheksreferendare nach der früheren Terminologie - handelte, sondern um Mitarbeiter, die der Not der Zeit entsprechend sofort an den Aufgaben des Tages tatkräftig mitarbeiten sollten." <13>
Zunächst nahmen die aufgenommenen "Assistent-Doktoranden" an den Kursen für den gehobenen Bibliotheksdienst teil. Sie besuchten auch die von Joris Vorstius an der Berliner Universität im Sommersemester 1947 gehaltenen zweistündigen Vorlesungen zum Thema "Einführung in das Studium der Bibliothekswissenschaft". Bibliothekswissenschaft war für Vorstius "die Lehre von der bibliothekarischen Literaturauswertung". <14>
Die praktische Ausbildung erfolgte in der Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek.
Eine klarer Rahmen wurde der Ausbildung mit der vorläufigen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst vom 16.4.1947 gesteckt. <15>
Darüber berichtete Vorstius:
"Die Öffentliche Wissenschaftliche Bibliothek wurde in dieser Ordnung zur Ausbildungszentrale für den nördlichen Teil der sowjetischen Besatzungszone (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg) bestimmt. Die Struktur der Anwärterausbildung blieb in den Grundzügen gegenüber der Vorkriegszeit unverändert. Auch in Zukunft soll die Ausbildung sich an ein durch Doktor- und Staatsexamen abgeschlossenes Hochschulstudium anschließen und wie bisher zwei Jahre umfassen, ein praktisches Jahr an einer Universitätsbibliothek und ein vorwiegend theoretischen Studien gewidmetes zweites Jahr, das an der Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek in Berlin abzuleisten ist." <16>
Nach dieser Prüfungsordnung wurden 1948 die ersten Prüfungen abgehalten. Insgesamt wurden bis 1950 nach dieser Ordnung 16 wissenschaftliche Bibliothekare ausgebildet und geprüft.<17>
Die Lehrinhalte teilte Vorstius mit.<18>
Lesenswert ist in diesem Zusammenhang ein Aufsatz von Albert Predeek. <19>
Darin legt er seine Auffassung von der Bibliothekswissenschaft dar:
"Die Bibliothekswissenschaft untersucht die Entstehung, Entwicklung, den Betrieb und die Tätigkeit der Bibliotheken als Träger der literarischen Tradition, als wissenschaftliche oder volkstümliche Anstalten, als Einrichtungen zur Verbreitung von Wissen, Kultur und Bildung, als Faktoren des sozialen, politischen und wirtschaftlichen Geschehens, als Objekte der Verwaltung, des Rechts und der Technik. Die Quellen der Bibliothekswissenschaft sind unmittelbar: die Gebäude und ihre Einrichtungen, die Bücherbestände, die Kataloge, die Betriebsziffern, die Geschäftsberichte und -geschichten; mittelbar: die Literär- und Gelehrtengeschichte, die Wissenschafts-, Kultur- und Geistesgeschichte sowie die allgemeine Geschichte. Hilfswissenschaften sind alle anderen Wissenschaften, in erster Linie und in besonderem Maße Buch- und Schriftgeschichte, Buchdruck- und Buchhandelswesen, Bibliographie und Statistik. Die Bibliothekswissenschaft umfaßt sowohl die theoretische als auch die praktische Seite des Bibliothekswesens ..."
Ab 1951 wurde die Ausbildung zum wissenschaftlichen Bibliothekar nur an der Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek durchgeführt. Dazu heißt es in dem Zehnjahresbericht (1946-1955) der Deutschen Staatsbibliothek:
"Die Anwärter nahmen nach abgelegtem Staatsexamen drei Monate an einer gesellschaftspolitischen Vorausbildung teil, gingen 9 Monate in die Praxis an eine der als Ausbildungsbibliotheken zugelassenen wissenschaftlichen Bibliotheken und kehrten dann für 12 Monate an die Öffentliche Wissenschaftliche Bibliothek zur Absolvierung einer theoretisch-praktischen Ausbildung zurück. Die Ausbildung schloß mit der Ablegung der Fachprüfung vor der Prüfungskommission für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst ab. Der Vorsitzende der Prüfungskommission ist der Hauptdirektor der Deutschen Staatsbibliothek (Prof. Dr. Horst Kunze, r.r.). Bis zum Ende der Berichtszeit (d.i. 1955) sind vier Referendarlehrgänge durch diese Ausbildung gegangen und 66 Anwärter haben ihre Prüfung abgelegt. Noch zwei Lehrgänge werden nach dieser Ausbildungsform ausgebildet werden. Dann wird diese Ausbildungsform abgebrochen, da inzwischen die Fachrichtung Bibliothekswissenschaft begründet und das Institut für Bibliothekswissenschaft bei der Humboldt-Universität eingerichtet worden ist." <20>
Seit 1951 war die beim Staatssekretariat für Hochschulwesen der DDR angesiedelte Bibliothekskommission für Ausbildungsfragen mit der konzeptionellen Vorbereitung einer neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für wissenschaftliche Bibliothekare beschäftigt. Die Kommission hatte sich das Ziel gesteckt, die "volle Anerkennung der Bibliothekswissenschaft als Universitätslehrfach" zu erreichen.
2. Das Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität ab 1955
2.1. Allgemeine Entwicklung
Das Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität hat mithin seinen Vorläufer in dem 1928 von Fritz Milkau begründeten und 1934 geschlossenen Bibliothekswissenschaftlichen Institut der Berliner Universität.
Im Studienjahr 1953/54 wurde an der Philosophischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin zunächst eine Fachrichtung Bibliothekswissenschaft neu eingerichtet. Vorarbeiten dazu hatte die 1951 beim Staatssekretariat für Hochschulwesen gegründete Bibliothekskommission für Ausbildungsfragen mit einer Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Ausbildung wissenschaftlicher Bibliothekare geleistet und damit der "Bibliothekswissenschaft als Universitätslehrfach" zu voller Anerkennung verholfen. <21>
1954 beschloß die Philosophische Fakultät ein Bibliothekswissenschaftliches Institut zu gründen. Es sollte seinen Sitz in der Universitätsstr.7 im Hause der Deutschen Staatsbibliothek haben.
Über die Aufgabenstellung des Instituts für Bibliothekswissenschaft heißt es in der Gründungsurkunde vom 1.11.1955: "Das Institut hat die Aufgabe der Förderung von Lehre und Forschung auf dem Gebiet der Bibliothekswissenschaft sowie der Erziehung der Studenten zu wissenschaftlicher Arbeit und ihrer Vorbereitung auf die Berufspraxis in Übungen und Seminaren."
Fakten und Daten zur Institutsentwicklung sind der von Friedrich Nestler und Gertrud Pannier erarbeiteten "Chronik ..." , die in ihren vier Ausgaben die Jahre 1955 bis 1995 erfaßt, zu entnehmen und für nachfolgenden Text teilweise auch entnommen worden. <22>
Prof. Dr. Dr. h.c. Horst Kunze
Zum kommissarischen Direktor des Instituts wurde der Generaldirektor der Deutschen Staatsbibliothek, Prof. Dr. Horst Kunze <23>, ernannt, zu seinem Stellvertreter Prof. Dr. Joris Vorstius.
Zum 10jährigen Institutsjubiläum hielt Horst Kunze, oft als "Nestor der Bibliothekswissenschaft in der DDR" bezeichnet, einen Rückblick. <24>
1966 wurde eine neue Institutsabteilung "gesellschaftswissenschaftliche Information und Dokumentation" (Leitung: Prof. Dr. Josef Koblitz [1913-1989]) begründet und das Institut in "Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information" umbenannt. Koblitz hatte sich zum Verhältnis der Bibliotheks- zur Informations-/Dokumentationswissenschaft folgendermaßen geäußert:
"Das Bibliothekswesen und die Information und Dokumentation sind einerseits durch so viele Spezifika gekennzeichnet, daß von zwei verschiedenen Arbeitsgebieten gesprochen werden muß, andererseits so nahe miteinander verwandt, daß sie neben einer Reihe anderer Arbeitsgebiete ein und demselben Praxisbereich, der Fachinformation zugeordnet werden können. Analog verhält es sich mit den Wissenschaften dieser beiden Arbeitsgebiete, der Bibliothekswissenschaft und der Informations- und Dokumentationswissenschaft. Diese integriert beide Wissenschaften mit den diesen - und allen anderen Wissenschaftsdisziplinen der Informationswissenschaft - gemeinsamen Bestandteilen, weshalb sie bei der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung der Lehre und Forschung beider Wissenschaften entsprechend berücksichtigt werden muß."<25>
Infolge der 3. Hochschulreform gab sich das Institut 1969 eine neue Struktur. Es wurden die beiden Fachbereiche Bibliothekswissenschaft und Informations-/Dokumentationswissenschaft (je ein Lehrstuhl) sowie eine Abteilung Weiterbildung/Fernstudium geschaffen. Diese Abteilung war zuständig für die Planung und organisatorische Durchführung des postgradualen Studiums der Informations-/Dokumentationswissenschaft, des postgradualen Studiums Bibliothekswissenschaft sowie des Fernstudiums Bibliothekswissenschaft. Der Mitarbeiterstab wurde vergrößert und es wurden zwei stellvertretende Direktoren berufen, einer zuständig für Erziehung und Ausbildung, der andere für Forschung. In der Nachfolge Horst Kunzes wurde 1969 Prof. Dr. Werner Dube Insitutsdirektor.
1972 wurde Prof. Dr. habil. Helmut Kubitschek zum Direktor berufen.
Zum 20jährigen Bestehen des Instituts 1975 brachte Heft 6 des Zentralblattes für Bibliothekswesen ausschließlich Beiträge von Institutsmitarbeitern. Hierdurch wurde die bibliothekarische Öffentlichkeit sowohl über die Institutsentwicklung als auch über die Forschungs- und Lehrtätigkeit unterrichtet. <26>
Die Veränderungen des Jahres 1990 beschrieb Friedrich Nestler:
"Das Frühjahr 1990 ist gekennzeichnet durch entscheidende Veränderungen am Institut wie an der gesamten Humboldt-Universität. Zuerst erfolgte die Konstituierung eines unabhängigen Studentenrates. Im März wählten die Mitarbeiter und die Studenten einen zehnköpfigen Institutsrat, bestehend aus drei Hochschullehrern, drei Oberassistenten bzw. Assistenten, drei Studenten und einer Angehörigen des technischen Personals. Der Institutsrat wählte einen neuen Direktor sowie dessen Stellvertreter, die nach Bestätigung durch den Rektor der Humboldt-Universität seit dem 2. April 1990 im Amt" waren."<27>
Der in geheimer Wahl gewählte neue Institutsdirektor war Doz. Dr. sc. Friedrich Nestler.
In dieser Zeit wurden erste Kontakte mit dem Institut für Bibliothekswissenschaft und Bibliothekarausbildung der Freien Universität geknüpft.
Entsprechend einem Konzilsbeschluß vom 13.12.1990 waren zum Zwecke der Universitätserneuerung bis zum 25.1.1991 in den einzelnen Einrichtungen Personal- und Strukturkommissionen (PSK) zu wählen. Die PSK des Instituts für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information war bis Anfang 1992 tätig. Als auswärtiger Hochschullehrer wirkte Prof. Dr. Paul Kaegbein, emerierter Lehrstuhlinhaber für Bibliothekswissenschaft, von der Universität zu Köln mit.
Entsprechend dem Gesetz zur Ergänzung des Berliner Hochschulgesetzes (ErgGBerlHG) vom 18.7.1991 wurde gemäß § 9 auch für das Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information eine Struktur- und Berufungskommission (SBK) berufen. In Abschnitt 1 heißt es zu den Aufgaben der SBK, daß sie " Vorbereitung von Entscheidungen über die Neustrukturierung von Forschung und Lehre sowie ... Vorbereitung von Habilitationsentscheidungen und von Berufungsvorschlägen..." zu treffen habe.
Die "SBK Bibliothekswissenschaft" konnte erst am 22. September 1992 als eine der letzten Struktur- und Berufungskommissionenen der Humboldt-Universität ihre Arbeit aufnehmen. Sie bestand aus fünf Vertretern der Humboldt-Universität und drei auswärtigen Professoren. Den Vorsitz führte Prof. Dr. Paul Kaegbein.
Die Informationswissenschaft wurde an der Humboldt-Universität auf Beschluß der Landeshochschulstrukturkommission (LHSK) vom Juli 1992 nicht mehr weitergeführt. Sie sollte aber weiterhin an der Freien Universität vertreten bleiben.
Aus diesem Grunde trägt das Institut laut einem Kuratoriumsbeschluß seit 1993 wieder den Namen "Institut für Bibliothekswissenschaft".
Weiterhin empfahl die LHSK die Integration des Instituts für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information der Humboldt-Universität und des Instituts für Bibliothekswissenschaft und Bibliothekarausbildung der Freien Universität zu einem neuen "Institut für Bibliothekswissenschaft". Dem hatte der Akademische Senat der Humboldt-Universität im November 1992 zugestimmt.
Im Januar 1993 wurde eine "Gemeinsame Kommission zur Zusammenführung des Instituts für Bibliothekswissenschaft und Bibliothekarausbildung der Freien Universität und des Instituts für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information der Humboldt-Universität" (GK) gegründet. Sie bestand aus Mitgliedern der beiden betroffenen Universitätsinstitute sowie aus Mitgliedern der Struktur- und Berufungskommission und tagte regelmäßig. Zusätzlich bildeten Mitglieder beider Institute spezielle fachliche Arbeitsgruppen.
Entsprechend der Kooperationsvereinbarung wurde die Fusion beider bibliothekswissenschaftlicher Institute zum 1.10.1994 vollzogen.
Der Sitz aller Mitarbeiter des gemeinsamen Institutes ist seit Juli 1995 in Berlin-Mitte, Dorotheenstr. 26.
Die SBK hatte die drei dem Institut 1992 vom Kuratorium (vor Arbeitsbeginn der SBK) zugestandenen Professuren öffentlich ausgeschrieben. Die aus der Vielzahl der Bewerber (insgesamt 51) Ausgewählten hielten im Juli 1993 vor der Berufsöffentlichkeit im Festsaal der Staatsbibliothek Unter den Linden ihre Vorträge.
Zum 1.4.1994 wurde die erste auf öffentlicher Ausschreibung beruhende Professorenstelle mit Prof. Dr. Walther Umstätter besetzt.
Neben dieser Aufgabe oblag es der SBK, Vorschläge an die Personalabteilung zu geben, wie das Hochschulpersonalübernahmegesetz (HPersÜG) vom 11.6.1992 nach Zuweisung der gegenüber dem tatsächlichen Personalbestand zahlenmäßig stark reduzierter Soll-Stellen entsprechend dem Kuratoriumsbeschluß vom 7.2.1992 am Institut realisiert werden könnte. Die Kommission erarbeitete einen Struktur- und Ausstattungsplan als Basis für die Bibliothekswissenschaftliche Lehre und Forschung. Unter anderem wurde auch eine fachspezifische Magisterprüfungs- sowie eine Studienordnung für das Haupt- und Nebenfach Bibliothekswissenschaft erarbeitet.
Zum 31.3.1994 sah das Gesetz zur Ergänzung des Berliner Hochschulgesetzes die Beendigung der Tätigkeit aller SBKs und ihre Auflösung vor. Obwohl zu diesem Zeitpunkt noch nicht alle Professorenstellen besetzt waren, stellte daher die SBK Bibliothekswissenschaft am 29.3.1994 ihre Arbeit ein.
2.2. Ausbildung
Die bibliothekarischen Berufsgruppen mit Hochschulabschluß, wie sie am Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität ausgebildet worden waren, sowie ihre Berufsbezeichnungen stellte Erwin Marks <28> zusammenfassend dar.
Die alljährlich abgehaltenen wissenschaftlichen Studentenkonferenzen gaben Auskunft über den Ausbildungsstand. Sie standen jeweils unter einem besonderen Thema, z.B. 1980:
"Praxiswirksamkeit der Ausbildung von Fern- und postgradualen Studenten";
1982: "Praxiswirksamkeit studentischer Ausbildungsergebnisse im Fern-, Direkt- und postgradualen Studium".
Die vom Institut vergebenen bibliothekarischen Bildungsabschlüsse (Wissenschaftlicher Bibliothekar, Diplom-Bibliothekar, Fachbibliothekar) wurden per Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 26/27. März 1992 als gleichwertig dem zweiten Staatsexamen für den höheren Bibliotheksdienst anerkannt.
Das Institut bildete für alle Bereiche des Bibliothekswesens den akademischen Nachwuchs aus. Sowohl in wissenschaftlichen und Fachbibliotheken als auch in Öffentlichen Bibliotheken und ministeriellen Einrichtungen fanden die Absolventen ihre Tätigkeitsfelder.
2.2.1. Ausbildungsziel(e)
Das Ausbildungsziel ist ganz allgemein abhängig vom jeweiligen Berufsbild.
Zu den Berufsbildern im Bereich des Bibliothekswesens äußerte sich Karla Schmidt 1985 in ihrer Dissertation. <29>
Sie beschrieb die Ausbildungsziele vor allem im Hinblick auf die berufstypischen Aufgabenbereiche in der bibliothekarischen Praxis, die nach der Vereinheitlichung der Berufsstruktur im Bibliothekswesen der DDR zur Grundlage für die Erarbeitung neuer, einheitlicher Ausbildungsdokumente dienten. <30>
2.2.2. Allgemein gesetzliche Grundlagen, Studiendokumente
Gesetzliche Grundlagen für die Ausbildung waren die ministeriell bestätigten Studiendokumente.
Hauptsächlich wurde in der Fachrichtung Bibliothekswissenschaft nach folgenden Studienplänen, Studienordnungen, Lehrprogrammen und Prüfungsordnungen gearbeitet:
- Studienplan für die Grundstudienrichtung Bibliothekswissenschaft Fernstudium zur Ausbildung an Universitäten und Hochschulen der DDR. - Berlin : Min. f. Hoch- u. Fachschulwesen, 1975. - 9 S.
- Studienplan für das postgraduale Studium Bibliothekswissenschaft : als verbindlicher Studienplan für das postgraduale Studium an Universitäten und Hochschulen bestätigt. - Berlin: Min. f. Hoch- u. Fachschulwesen, 1975. - 10 S.
- Studienplan für die Grundstudienrichtung Bibliothekswissenschaft (Nomenklatur-Nr. 57 001) : als verbindlicher Studienplan für die Ausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin bestätigt. - Berlin : Min. f. Hoch- u.Fachschulwesen, 1982. - 19 S. Er enthält Vorgaben für das Direkt- und für das Fernstudium.
- Lehrprogramme für die einzelnen Lehrgebiete zur Ausbildung in der Grundstudienrichtung Bibliothekswissenschaft. Berlin, 1978 - 1982. Sie wurden ministeriell "als verbindliches Lehrprogramm für die Ausbildung an der Humboldt-Universität zu Berlin bestätigt".
- Anordnung über die Durchführung von Prüfungen an Hoch- und Fachschulen sowie den Hoch- und Fachschulabschluß : Prüfungsordnung ; vom 3. Januar 1975. - In: Gbl. Teil I, Nr. 10. - S. 183-191
- Studienordnung für den Magisterteilstudiengang (MTSG) Bibliothekswissenschaft als Haupt- und Nebenfach an der Humboldt-Universität zu Berlin; verbindlich ab 1.10.1994.
- Fachspezifische Prüfungsbestimmungen für den Magisterteilstudiengang (MTSG) Bibliothekswissenschaft als Hauptfach (HF) und als Nebenfach (NF); verbindlich ab 1.10.1994.
- Magisterprüfungsordnung der Humboldt-Universität (MAPO HUB) : 9. Mai 1994. - (Amtliches Mitteilungsblatt / Humboldt-Universität zu Berlin ; 1994, 16)
2.2.3. Lehrinhalte
Die Lehrprogramme der Grundstudienrichtung Bibliothekswissenschaft der Jahre 1978 bis 1982 enthielten folgende Lehrinhalte innerhalb der einzelnen Lehrgebiete:
Allgemeine Bibliothekswissenschaft; Arbeit mit Bibliotheksbenutzern; Arbeit mit dem Kulturellen Erbe; Bestände/Kataloge; Bibliographie; Buchkunde; Geschichte des Bibliothekswesens; Information und Dokumentation; Informationsverarbeitung; Leitung, Planung und Organisation der Bibliotheken der DDR; Mathematik und Wissenschaftsgeschichte, -theorie, -klassifikation und -organisation.
Diese Lehrinhalte galten sowohl für das Direkt- als auch für das Fernstudium. Für beide Ausbildungsformen waren in den Lehrprogrammen sowohl die Pflichtstunden als auch die relevante Literatur angegeben.
Die Lehrtätigkeit wurde fast ausschließlich von festangestellten Institutsmitarbeitern ausgeübt. Diese konnten Kontinuität und Aktualität bei der Vermittlung der Lehrinhalte gewährleisten, zumal bei der Mehrzahl der Kollegen das Lehr- mit dem Forschungsgebiet identisch war.
Praktika waren thematisch in die Lehre integriert, waren fester Ausbildungsbestandteil und wurden vom Lehrkörper betreut.
Studentische Austausch-Auslandspraktika bereicherten die Lehre, besonders in Zusammenarbeit mit dem Krupskaja-Kulturinstitut in Leningrad und mit der Karls-Universität zu Prag. Im Gegenzug wurden den ausländischen Studenten der Bibliothekswissenschaft der jeweiligen Partnereinrichtung Exkursionen zu Bibliotheken der DDR ermöglicht.
2.2.4. Einzelne Studiengänge
2.2.4.1. Referendarausbildung
Diese Ausbildungsform war Nachfolgerin der in Abschnitt 1 beschriebenen Volontärausbildung für den höheren Bibliotheksdienst.
Die Referendarausbildung wurde 1946-1957 durchgeführt, vor Gründung des Instituts an der zunächst "Öffentliche Wissenschaftliche Bibliothek" genannten Deutschen Staatsbibliothek. Sie dauerte zwei Jahre, Zulassungsvoraussetzung war ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium. Die Prüfung wurde vom staatlichen Prüfungsausschuß abgenommen. Die Absolventen waren berechtigt, die Berufsbezeichnung "Wissenschaftlicher Bibliothekar" zu führen.
Im Juli 1957 wurde diese Ausbildungsform mit Verabschiedung des 6. Referendarlehrgangs eingestellt.
2.2.4.2. Fachreferentenausbildung
Die Fachreferentenausbildung war eine Externenausbildung, die parallel zur Berufstätigkeit durchlaufen werden konnte. Ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium war Voraussetzung dazu. Die Teilnehmer waren bereits in Bibliotheken tätig.
Diese zweijährige Ausbildungsform begann im Juli 1961 mit einem "Qualifizierungskurs für Externe (Fachreferentenausbildung)".
Der reguläre "1. Ausbildungslehrgang für Externe (Fachreferentenausbildung)" begann 1963, der 2. 1965 und der 3. 1968. Insgesamt hatte diese externe Fachreferentenausbildung einen viermaligen Durchlauf.
Die Absolventen dieses Studienganges waren wie die des Studienganges Referendarausbildung berechtigt, die Berufsbezeichnung "Wissenschaftlicher Bibliothekar" zu führen.
2.2.4.3. Kombinationsstudium
1. Bibliothekswissenschaft
Mit Gründung des Instituts wurde zunächst das Kombinationsstudium, nämlich das Studium der Bibliothekswissenschaft und eines Spezialfaches (alle an der Universität gelehrten Fächer waren möglich), eingeführt. Die Vor- und Nachteile bzw. Schwierigkeiten dieser Ausbildungsform, die sich generell bewährt hatte, resümierte Horst Kunze.<31> Als Vorteile nannte er:
- Beibehaltung der deutschen Ausbildungstradition.
- Anerkennung der Bibliothekswissenschaft als Hochschuldisziplin.
- Enge Verbindung des bibliothekswissenschaftlichen Studiums mit dem Studium eines Spezialfaches von Beginn der Studienzeit an.
- Enge Verbindung des kombinierten Studiums an einem Bibliothekswissenschaftlichen Institut und am Orte einer großen wissenschaftlichen Bibliothek
- Überwindung der traditionellen Enge vorwiegend philologisch-historisch vorgebildeter Hochschulabsolventen durch Einbeziehung naturwissenschaftlicher Spezialfächer.
- Maximal enger Kontakt mit der bibliothekarischen Praxis durch Lokalisierung des neuen Instituts an oder in einer großen wissenschaftlichen Bibliothek.
Für das Fach Bibliothekswissenschaft standen weit weniger Stunden zur Verfügung als für die Spezialfächer.
"Daß das bibliothekswissenschaftliche Studium durch das Staatssekretariat für Hochschulwesen und die Humboldt-Universität zum Range einer Fachrichtung erhoben wurde, ergab sich zu diesem Zeitpunkt zwangsläufig aus dem damaligen Stand der Hochschulreform, nach dem es prinzipiell keine "Nebenfächer", sondern nur noch Fachrichtungen im Verband der einzelnen Fakultäten gab."
Im Studienjahr 1954/55 wurden die ersten Studenten (1.-3. Matrikel) immatrikuliert. Es fanden zunächst Vorlesungen zur Wissenschaftsgeschichte (Prof. Dr. Joris Vorstius), zur Funktion und zu den Arbeitsmethoden wissenschaftlicher Bibliotheken (Prof. Dr. Horst Kunze) und zur Geschichte des Buchwesens (Prof. Dr. Willi Göber) statt.
Im Jahre 1955 wurde regulär die 4. Matrikel Kombinationsstudium immatrikuliert. Die Ausbildung (Bibliothekswissenschaft und Spezialfach) dauerte planmäßig fünf Jahre und endete mit dem Staatsexamen in beiden Fächern. Die erfolgreiche Absolvierung berechtigte zur Anstellung als Fachreferent in wissenschaftlichen Bibliotheken. Die Berufsbezeichnung "Wissenschaftlicher Bibliothekar" wurde erst nach einer anschließenden zweijährigen Assistentenzeit und der Anfertigung einer Assistentenhausarbeit erworben.
Im Jahre 1957 legten die ersten fünf Absolventen des Instituts (1. Matrikel) das Staatsexamen für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst ab. Die Institutschronik berichtete unter dem 28.6.1957 zum Staatsexamen:
"Es umfaßt die mündliche Abschlußprüfung in den Fächern Bibliotheksverwaltungslehre, Buchkunde einschließlich Handschriften- und Inkunabelkunde, Wissenschaftsgeschichte, Bibliographie und Bibliotheksgeschichte sowie eine Klausurarbeit und den Nachweis über Sprachkenntnisse in Lateinisch, Englisch, Französisch und Russisch."
1969 wurde für die 10.-14. Matrikel die Pflichtassistentenzeit aufgehoben.
Mit der Hauptprüfung der 14. Matrikel Kombinationsstudium Bibliothekswissenschaft, deren Ausbildungzeit auf vier Jahre verkürzt worden war, endete 1972 diese Ausbildungsform.
Die Absolventen des Kombinationsstudiums (1954-1972) waren gleichfalls berechtigt, die Berufsbezeichnung "Wissenschaftlicher Bibliothekar" zu führen.
2. Informations-/Dokumentationswissenschaft
Die 1. Matrikel Kombinationsstudium Informations-/Dokumentationswissenschaft in Verbindung mit einem Spezialfach wurde 1966 angenommen. Dieses Studium dauerte fünf Jahre und führte nach bestandenem Staatsexamen zur Berufsbezeichnung "Informator mit Hochschulabschluß". In diesem Studiengang wurden vier Matrikeln ausgebildet, er wurde 1974 eingestellt.
2.2.4.4. Vollstudium Bibliothekswissenschaft (Direktstudium)
Über das 1968 neu eingerichtete bibliothekswissenschaftliche Vollstudium handelte Erwin Marks.
Bevor das bibliothekswissenschaftliche Vollstudium eingeführt wurde, hatte die Kommission für Berufsnachwuchs und Weiterbildung des Deutschen Bibliotheksverbandes an zahlreiche größere Bibliotheken des gesamten Bibliothekswesens der DDR und an die regionalen Gruppen innerhalb des Bibliotheksverbandes einen " Fragebogen zu Grundfragen eines bibliothekswissenschaftlichen Vollstudiums" verschickt. Außerdem wurden schriftliche Stellungnahmen erbeten.
Friedrich Nestler stellte die Konzeption dieses Studienganges der bibliothekarischen Berufsöffentlichkeit vor. Er unterstrich, daß dieses Studium nicht das Kombinationsstudium ersetzen solle, sondern als zweiter Studiengang neben ihm eingerichtet würde. Denn dieses Vollstudium "ermöglicht einerseits die Verbesserung der Ausbildung von Hochschulkadern für die wissenschaftlichen Bibliotheken und wird zugleich die erste deutsche Hochschulausbildung für wissenschaftliche Kader des Netzes der Allgemeinen Öffentlichen Bibliotheken sein."
Als Beispiele möglicher Arbeitsgebiete für die künftigen Absolventen nannte Nestler:
- "Leitende Bibliothekare für die wissenschaftlich-methodische Anleitung und Koordinierung in Bibliotheksnetzen (z.B. in Universitätsbibliotheken, in der Akademiebibliothek, in Bezirksbibliotheken).
- Leiter von Benutzungsabteilungen größerer Bibliotheken (z.B. Landesbibliotheken, große Bezirksbibliotheken, große Fachbibliotheken).
- Leitende Bibliothekare in großen Stadtbibliotheken bzw. großen Hauptbibliotheken städtischer Netze.
- Leiter von Zentralbibliotheken.
- Leiter von Einrichtungen mit allgemeinen bibliographischen Aufgaben.
- Leiter von Erwerbungsabteilungen großer Bibliotheken.
- Leiter von Kreisbibliotheken.
- Wissenschaftliche Mitarbeiter in zentralen Institutionen und Organisationen des Bibliothekswesens (z.B. Zentralinstitut für Bibliothekswesen, Methodisches Zentrum für wissenschaftliche Bibliotheken).
- Fachdozenten an bibliothekarischen Fachschulen." <34>
Nestler stellte in seinem Aufsatz die Sicht der wissenschaftlichen Bibliotheken in den Vordergrund. Von seiten der öffentlichen Bibliotheken hatte Erich Siek diesen Studiengang beleuchtet.<35>
Die 1. Matrikel dieses bibliothekswissenschaftlichen Vollstudiums (ohne Spezialfach) wurde 1968 immatrikuliert. Das Studium dauerte vier Jahre und schloß mit der Hauptprüfung, die die Einzelgebiete Marxismus-Leninismus, Allgemeine Bibliothekswissenschaft, Bibliographie und Arbeit mit den Nutzern umfaßte, ab.
Nach Anfertigung und öffentlicher Verteidigung einer Diplomarbeit vor der Diplomkommission, in der Regel bestehend aus einem Vorsitzenden, dem Betreuer der Diplomarbeit und einem Beisitzer, konnte der akademische Grad eines Diplom-Bibliothekars erworben werden.
Die Absolventen fanden ihre Arbeitsfelder in allen Zweigen des Bibliothekswesens, des öffentlichen wie auch des wissenschaftlichen, in Fachbibliotheken sowie in zentralen Einrichtungen des Bibliothekswesens.
Viermal wurde für diesen Studiengang immatrikuliert, letztmalig 1971, danach trat eine achtjährige Pause ein.
Erst 1979 wurde das bibliothekswissenschaftliche Vollstudium als Direktstudium wieder aufgenommen.
Über Ausbildungsziele und -inhalte sowie über die im gesamten Bibliothekswesen der DDR bestehenden Einsatzmöglichkeiten der Absolventen berichtet eGünter Fröschner.<36>
In diese Ausbildung waren sogenannte "Jugendobjekte" integriert. So wurde im Oktober 1980 ein Vertrag zwischen dem Institut und dem Stadtbezirk Berlin-Marzahn über die Mitarbeit von Direktstudenten beim Aufbau und bei der Entwicklung der Kinder- und Jugendbibliothek geschlossen.
Diese Studienform lief 1990 mit den Diplomverteidigungen der 7. Matrikel aus.
Die 1988 immatrikulierten Studenten konnten 1992 ein Zweitfach hinzuwählen und in dieser Fächerverbindung im Magisterstudiengang zu Ende studieren.
Anläßlich des 35jährigen Institutsbestehens zog der damalige Direktor, Friedrich Nestler, Bilanz über das Direktstudium.<37>
2.2.4.5. Postgraduales Studium Informations- und Dokumentationswissenschaft
Der zweijährige postgraduale Studiengang Informations- und Dokumentationswissenschaft wurde 1969 eingerichtet.
Daran teilgenommen haben Mitarbeiter aus Informations-/Dokumentationeinrichtungen, die bereits über einen Hoch- oder Fachschulabschluß aus anderen Studienrichtungen verfügten. Die Ausbildung war in Form eines Fernstudiums (mit Konsultationstagen am Institut bzw. an der Außenstelle in Leipzig) organisiert. Das Studium schloß mit der Berufsbezeichnung "Fachinformator" ab. <38> Die letzte Matrikel, die 13., lief unter der Bezeichnung "Universitäres Zusatzstudium Information/Dokumentation" und beendete im März 1994 ihr Studium. Insgesamt haben 588 Studenten dieses Studium erfolgreich abgeschlossen.
2.2.4.6. Postgraduales Studium Bibliothekswissenschaft
Das zweijährige postgraduale Studium der Bibliothekswissenschaft wurde 1976 eingeführt. Es stand in der alten Ausbildungstradition des wissenschaftlichen Bibliotheksdienstes; denn die Voraussetzung für die Teilnahme war ein bereits abgeschlossenes Hochschulstudium auf einem anderen Wissenschaftsgebiet sowie praktische Tätigkeit im Bibliothekswesen.
Die Studienform war eine Kombination aus Fernstudium mit Präsenztagen am Institut. Das postgraduale Studium, abgeschlossen mit mündlicher Abschlußprüfung und einer vom Gutachter zu benotenden Abschlußarbeit, führte ergänzend zu der bereits vor diesem Studium vorhandenen Berufsbezeichnung zum "Fachbibliothekar". Es lief bis 1993. Der neunten und letzten Matrikel wurden am 19.10.1993 die Zeugnisse überreicht. Insgesamt haben 311 Teilnehmer dieses Studium erfolgreich absolviert.
2.2.4.7. Fernstudium Bibliothekswissenschaft
Das Fernstudium Bibliothekswissenschaft wurde 1971 eingeführt. Die Ausbildung dauerte zunächst vier Jahre und entsprach in Inhalt und Anforderung dem Vollstudium der Bibliothekswissenschaft als Direkt(Präsenz)studium.
Zulassungsvoraussetzungen waren die Hochschulreife (erbracht durch Abitur oder Fachschulabschluß) sowie mehrjährige erfolgreiche Tätigkeit im Bibliothekswesen. Für diese Studienform gab es erheblichen Bedarf aus der Praxis.
Bibliothekare mit Fachschulabschluß, die leitende Tätigkeiten in den unterschiedlichen Zweigen des Bibliothekswesens ausübten oder sich darauf vorbereiteten, hatten sich zahlreich beworben, so daß in den ersten Jahren nicht alle Bewerber berücksichtigt werden konnten.
Die große Leistungsbereitschaft dieser Studenten zeigte sich an der Qualität der Beleg- und Diplomarbeiten.
Das Fernstudium war zuerst auf vier Jahre angelegt, 1976 wurde es um ein halbes Jahr verlängert und eine Spezialisierung als Wahlpflichtveranstaltung ab dem 8. Semester angeboten (Arbeit mit dem kulturellen Erbe; Bibliographie; Leitung, Planung und Organisation der Bibliotheken der DDR; Information/Dokumentation).
Die letzte (12.) bibliothekswissenschaftliche Matrikel hat ihr verkürztes Studium im Dezember 1993 beendet.
In den Jahren 1971-1993 haben insgesamt 354 Fernstudenten (im allgemeinen in der Praxis erfolgreich tätige Fachschulbibliothekare) ihr Studium mit dem ersten akademischen Grad "Diplom-Bibliothekar" abgeschlossen und damit die formale Voraussetzung erlangt, zu promovieren.
Über das Fernstudium hat Erika Marks berichtet. <39>
Für alle Lehrgebiete der Bibliothekswissenschaft und der Informations-/Dokumentationswissenschaft ist Lehrmaterial, zumeist in Gestalt von Lehrbriefen, erarbeitet worden.
Die für das Fernstudium erarbeiteten Lehrmaterialien, über 60 selbständige Arbeiten, sind titelmäßig zusammengestellt worden. <40>
Zur einheitlichen Gestaltung der Lehrmaterialien wurde ein Werkstandard von Institutsmitarbeitern erarbeitet. <41>
2.2.4.8. Magisterstudium
Im September 1990 wurden erstmalig 46 Studenten des neu eingerichteten Magisterstudienganges der Bibliotheks- und der Informationswissenschaft in Kombination mit einem zweiten Hauptfach bzw. mit zwei Nebenfächern immatrikuliert.
Die 1988 immatrikulierten Direktstudenten des Vollstudiums Bibliothekswissenschaft konnten ihr Studium als Magisterstudium mit einem hinzugenommenen Zweitfach als M. A. beenden.
Zum Sommersemester 1993 wurde das Magister-Nebenfach Bibliothekswissenschaft von der Freien Universität Berlin an die Humboldt-Universität überführt.
1994 wurden die Studienordnung und fachspezifischen Prüfungsbestimmungen für den Magisterstudiengang Bibliothekswissenschaft als Hauptfach und Nebenfach in Kraft gesetzt. <42>
2.3. Weiterbildungs- und Ausstellungstätigkeit
Das Institut veranstaltete regelmäßig Weiterbildungsseminare für leitende Mitarbeiter des Informationssystems Wissenschaft und Technik sowie des Bibliothekswesens.
Von 1980-1989 fanden im universitätseigenen Schulungsheim in Wendisch-Rietz 14 zweiwöchige bzw. einwöchige Weiterbildungsseminare für leitende Mitarbeiter des Informationssystems Wissenschaft und Technik und 9 für leitende Mitarbeiter des Bibliothekswesens statt.
Eine weitere Seite der Institutswirksamkeit in die Öffentlichkeit hinein waren Ausstellungen, für die Institutsmitarbeiter Drehbücher schrieben sowie Vorbereitungs- und Durchführungsarbeiten leisteten. Fünf Ausstellungen zur Wissenschafts- und Kulturgeschichte konnten, z. T. auch im Ausland, gezeigt werden.<43>
2.4. Konferenzen, Symposien
Das Institut für Bibliothekswissenschaft hat bald nach seiner Gründung internationale Kontakte aufgebaut und gepflegt. Institutsmitarbeiter nahmen an der "Ersten Internationalen Konferenz über die bibliothekarische Hochschulausbildung" teil, die 1958 am Katheder für Bibliothekswesen der Karlsuniversität zu Prag stattfand.
Das Berliner Institut richtete 1962 die "Zweite Konferenz der bibliothekswissenschaftlichen Hochschulen und Institute in den sozialistischen Ländern" über "Gegenstand und Methoden der Bibliothekswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Bibliothekswissenschaft als Hochschuldisziplin " aus.<44>
Im November 1960 wurde anläßlich der 150-Jahr-Feier der Humboldt-Universität eine Vorkonferenz durchgeführt, zu der allen geladenen Teilnehmern - Fachkollegen aus den Bibliotheken der DDR - vorher die vom Institut ausgearbeiteten Thesen zugestellt worden waren. <45>
Der von der Konferenz verabschiedete Thesentext wurde veröffentlicht. <46>
"Das Ergebnis dieser zweiten Konferenz bestand nicht nur in einer Klärung des Gegenstandes der Bibliothekswissenschaft, sondern auch in einer Übereinstimmung der Meinungen der Vertreter der sozialistischen Länder über die Einzelgegenstände der Bibliothekswissenschaft, einschließlich der Terminologie. Sie befruchtete unmittelbar die grundsätzliche Arbeit unseres Institutes bis in die Studienplanung hinein. Darüber hinaus ist sie ein grundsätzlicher Beitrag zu den Grundfragen der Bibliothekswissenschaft heute - und damit von internationaler Bedeutung."<47>
Die Konferenz verabschiedete folgende Formulierung zum Gegenstand der Bibliothekswissenschaft:
- 1. "Die Bibliothekswissenschaft untersucht die gesellschaftlichen Funktionen der Bibliotheken unter den jeweiligen historischen Bedingungen und hat die Aufgabe, ausgehend von der marxistisch-leninistischen Lehre von der Kulturrevolution, die Prinzipien für die gesellschaftliche Nutzung der Literatur zum Zwecke der aktiveren Unterstützung der kommunistischen Erziehung und der Entwicklung der sozialistischen Kultur und Wissenschaft auszuarbeiten.
- 2. Die Bibliothekswissenschaft als Lehrfach umfaßt:
- Bibliothekslehre (d.h. Leserkunde, Bestände und Kataloge, Struktur und Funktion des Bibliothekswesens),
- Bibliotheksgeschichte, Bibliographie und Buchkunde, ferner
-
- Wissenschaftskunde, und zwar entweder selbständig oder in Verbindung mit der Fachbibliographie.
- 3. Den Kern der Bibliothekswissenschaft bildet die Bibliothekslehre, weil in ihr unmittelbar der gesellschaftliche Auftrag der Bibliotheken zum Ausdruck kommt.
- 4. Im Mittelpunkt bibliothekarischer Theorie und Praxis stehen Leser und Buch.
- 5. Für die Bibliothekswissenschaft in den einzelnen Ländern bestehen neben den allgemeinen Grundlagen auch spezifische, die sich aus den nationalen Gegebenheiten ableiten."<48>
Acht Jahre später, auf der 36. IFLA-Konferenz von 1968, hat sich Werner Dube, damals Institutsdirektor, der Frage der Bibliothekswissenschaft gewidmet. Er verstand darunter "das aus der bibliothekarischen Praxis erwachsende, sich ständig erweiternde System der Erkenntnisse über die funktionellen, strukturellen und sonstigen Eigenschaften der Bibliotheken, über ihre Arbeitsweise und ihre Arbeitsmittel. Dieses System bildet in Gestalt von Begriffen, Kategorien, Gesetzen und Hypothesen die theoretische Grundlage der bibliothekarischen Tätigkeit, die ständig von der Praxis überprüft wird. Es befindet sich in Wechselwirkung mit anderen Wissenschaften und ermöglicht unter sozialistischen Bedingungen die wissenschaftlich begründete Planung und Leitung der Bibliotheksarbeit." <49>
Auch speziellen Bibliotheksproblemen widmete sich das Institut, so veranstaltete es 1959 die "Theoretische Konferenz zu Fragen der Sachkatalogisierung".
Der Stellvertretende Direktor für Forschung, Rolf Haake, bezeichnete Schwerpunktthemen und nannte als Forschungsaufgabe, "den Gegenstand beider Wissenschaften darzustellen, das in Einzeldarstellungen vorhandene Wissen zu einem Wissenskomplex zusammenzuschließen, darauf aufbauend neue Erkenntnisse zu gewinnen und das Gesamte theoretisch zu durchdringen". <50>
Im November 1982 fand die Internationale wissenschaftliche Konferenz des Instituts zum Thema "Methodologische Probleme der Bibliothekswissenschaft und der Informations- und Dokumentationswissenschaft" statt.
Anläßlich der Frühjahrsberatung 1983 der IFLA-Sektion "Bibliothekstheorie und -forschung" in Berlin meldete sich das Institut mit einigen Beiträgen zu Wort. <51>
Anläßlich seines 30jährigen Bestehens hielt das Institut im April 1985 die regelmäßig stattfindende internationale Konferenz der Hochschuleinrichtungen für die Ausbildung von Bibliothekaren und Informatoren der sozialistischen Länder zur Thematik "Forschungsprofil und Forschungsergebnisse der Hochschuleinrichtungen zur Ausbildung von Bibliothekaren und Informationsfachkräften : das Humboldtsche Prinzip der Einheit von Lehre und Forschung" ab. <52>
2.5. Forschung und Forschungskoordinierung
Horst Kunze hatte bereits 1965 auf die Forschungsaufgaben der Institutsmitarbeiter verwiesen:
" Zu den Forschungsaufgaben im weiteren Sinne der wissenschaftlichen Mitarbeiter des Instituts verweisen wir auf das Verzeichnis ihrer Publikationen..., nicht ohne zusätzlich zu bemerken, daß für die Assistenten die Promotionspflicht, für den Dozenten die Habilitationspflicht und für alle die Verpflichtung zu Herausgabe von Lehrmaterialien besteht." <53>
In späteren Jahren haben die Mitarbeiter des Instituts nach erfolgreich verteidigter Dissertation in der Regel an einem an der Humboldt-Universität (Institut für Hochschulbildung) neu eingerichteten postgradualen Studium der Hochschulpädagogik teilgenommen. Dieses Studium wurde mit einer schriftlichen Hausarbeit, einer mündlichen Prüfung und einer Lehrprobe abgeschlossen. Es war zusammen mit einem am Institut durchzuführenden wissenschaftlichen Kolloquium die Voraussetzung für die Erlangung der Facultas docendi, die allgemein alle Lehrkräfte des Instituts zu erwerben gehalten waren.
Forschungsseminare für Promovenden wurden 1966 eingerichtet. Seit 1969 konnten Absolventen mit ausgezeichneten Studienergebnissen ein Forschungsstudium, das zur Promotion führte, aufnehmen.
Das erste am Institut durchgeführte Promotionsverfahren war 1965 das von Friedrich Nestler. <54>
Die am Institut geschriebenen und verteidigten Abschlußarbeiten, Diplomarbeiten, Dissertationen A und Dissertationen B (Habilitationsschriften) sind in der Institutschronik nach 15 Sachgruppen gegliedert, verzeichnet.
Diese Gliederung gibt im wesentlichen die Struktur der Lehrgebiete wieder.
Ferner gibt es ein Verzeichnis der Dissertationen und Abschlußarbeiten zum Bibliotheks- und Buchwesen der Jahre 1960-1980. <55>
Das Institut wurde 1977 auf Grund der "Anordnung über die Koordinierung der bibliothekswissenschaftlichen Forschung in der DDR" zur Koordinierungsstelle für die bibliothekswissenschaftliche Forschung in der DDR ernannt, nachdem die Bibliotheksverordnung vom 31.5.1968 dazu in § 16(19) die Basis geschaffen hatte:
"Die bibliothekswissenschaftliche Forschung hat die wissenschaftlichen Grundlagen für die Gestaltung, Leitung und Organisation der bibliothekarischen Arbeit auszuarbeiten. Hauptaufgabe der bibliothekswissenschaftlichen Forschung ist die Schaffung eines wissenschaftlichen, auf die Erfordernisse der bibliothekarischen Praxis und die Qualifizierung der bibliothekarischen Fachkräfte gerichteten Vorlaufes..."
Die Koordinierungstätigkeit des Instituts wurde auf der IFLA-Konferenz 1981 bestätigt:
Zwecks Koordinierung wurden neun (später zehn) inhaltliche Forschungsrichtungen oder -schwerpunkte konzipiert. Für jeden Forschungsschwerpunkt wurde ein Forschungsbeirat eingerichtet, dem die jeweils führenden Experten angehörten. Das Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information war zunächst für die Leitung zweier Forschungsbeiräte verantwortlich:
"Rolle, Platz und Funktion der Bibliotheken in der entwickelten sozialistischen Gesellschaft" und "Bestands- und Katalogprobleme", später folgte als dritter "Bibliotheksgeschichte".
Alle zwei Jahre wurde dem Beirat für wissenschaftliches Bibliothekswesen und wissenschaftliche Information beim Ministerium für das Hoch- und Fachschulwesen der DDR über die Ergebnise der gesamten bibliothekswissenschaftlichen Forschung berichtet und es wurden ihm Vorschläge für die weitere Forschung unterbreitet. <56>
Die Forschungstätigkeit der Institutsmitarbeiter wurde von Jürgen Freytag, Stellvertretendem Direktor für Forschung, erläutert:
"In den meisten der zehn Forschungsbeiräte im Bibliothekswesen der DDR sind Mitarbeiter des IBI tätig, und einige werden von ihnen geleitet, ohne daß deren Forschungsgegenstände damit zu den Forschungsprofilen des Instituts gehören. Auch die Themen für Graduierungsarbeiten können natürlich nicht auf die Forschungsprofile des Instituts beschränkt werden, sondern umfassen das ganze Spektrum der Forschung auf den Gebieten Bibliotheks- und Informations-/Dokumentationswissenschaft. Die Gesamtforschungsleistungen unserer Mitarbeiter sind also größer als die Summe der Ergebnisse aus unseren Forschungsprofilen. Die Forschung wäre nicht möglich ohne die Nutzung hochschulspezifischer Reserven wie Forschungskapazitäten von Studenten aller Studienformen und -richtungen sowie Graduierungsarbeiten." <57>
Die Veröffentlichungen der Institutsmitarbeiter sind in der "Chronik ..."nachgewiesen, unterteilt in
1. selbständige Veröffentlichungen,
2. Aufsätze, Beiträge, Berichte
3. Rezensionen,
4. Herausgebertätigkeit, größere Übersetzungen,
5. Mitarbeit an Nachschlagewerken, Informationsdiensten, Zeitschriften.
FUSSNOTEN:
<1> Erlaß betreffend die Befähigung zum wissenschaftlichen Bibliotheksdienst bei der Königlichen Bibliothek zu Berlin und den Königlichen Universitätsbibliotheken : 13. Januar 1912. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 29(1912). - S. 75-78
<2> Handbuch der Bibliothekswissenschaft. - Bd. 1. - Leipzig : Harrassowitz, 1931. - S. VIII
<3> Milkau, Fritz: Bibliothekswissenschaft als Universitätsdisziplin. - In: Minerva-Zeitschrift 2(927). - S. 27-31
<4> Rohde, Renate: Zur Geschichte der bibliothekswissenschaftlichen Ausbildung in Deutschland von der Reichsgründung bis zum Ende der Weimarer Republik. - 155, 20 Bl. : 3 Tab. Berlin, Univ., Inst.f. Bibliothekswiss. u. wiss. Information, Diss. A, 1981
<5> Rohde, Renate: Das Bibliothekswissenschaftliche Institut an der Berliner Universität - Vorläufer des heutigen Instituts für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information der Humboldt-Universität zu Berlin. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 99(1985) - S. 19-28
<6> Kunze, Horst: Zehn Jahre Institut für Bibliothekswissenschaft. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 79(1965) - S. 643
<7> Beirat für Bibliotheksangelegenheiten, Akten betr. Volontäre, Vb, 1935, Bl. 290
<8> vgl. Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare 1925-1980 / Alexandra Habermann ... - Frankfurt a. M, 1985 (Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie : Sonderheft ; 24)
<9> Beirat für Bibliotheksangelegenheiten, Akten betr. Bibliothekar. Fachprüfung Bd 2, No. Vc 1931-1936, Bl. 355
<10> Reichsbeirat für Bibliotheksangelegenheiten, Akten betr. Volontäre, Fachprüfung, Bd 1. Nr. V 5, 1937 -
<11> Ordnung für die Annahme, Ausbildung und Prüfung der Anwärter für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst : vom 30. Juli 1928. - In: Handbuch der Bibliothekswissenschaft. - Bd. 2. - Leipzig : Harrassowitz, 1933. - S.666-670
<12> Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst : vom 18. August 1938. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 55(1938). - S. 613-621
<13> Vorstius, Joris: Die Ausbildung der Anwärter des höheren Dienstes an der Öffentlichen Wissenschaftlichen Bibliothek in Berlin. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 63(1949) - S. 79-83; hier S. 79
<14> Bibliothek, Bibliothekar, Bibliothekswissenschaft. - In: Zbl. Bibl.Wesen 63(1949). - S. 180
<15> Vorläufige Ausbildungs- und Prüfungsordnung für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst in der sowjetischen Besatzungszone. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 61(1947). - S. 135-141
<16> Vorstius, Joris: Die Ausbildung der Anwärter des höheren Dienstes ... - a.a.O. S. 80
<17> Deutsche Staatsbibliothek <Berlin, Ost>: Zehnjahresbericht der Deutschen Staatsbibliothek : 1946 - 1955. - Berlin, 1956. - S. 17-19
<18> Vorstius, Joris: Die Ausbildung der Anwärter des höheren Dienstes ... - a.a.O. S. 81
<19> Predeek, Albert: Die Bibliothekswissenschaft als Disziplin und Universitätslehrfach. - In: Aus der Welt des Buches. - Leipzig : Harrassowitz, 1950. - S. 169 - 184. - (Zentralblatt für Bibliothekswesen : Beiheft ; 75)
<20> Deutsche Staatsbibliothek <Berlin, Ost>: Zehnjahresbericht ... a.a.O. S. 18/19
<21> Joost, Siegfried: Aus der Arbeit der Bibliothekskommission für Ausbildungsfragen. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 86(1954). - S.113-122
<22> Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information: Chronik und bibliographisches Verzeichnis der Veröffentlichungen, Dissertationen, Diplomarbeiten und Abschlußarbeiten / [erarb. von Friedrich Nestler und Gertrud Pannier]. - Berlin
1955-1980. - 2. überarb. u. erg. Aufl. - 1980. - 345 S.
1980-1985. - 1985. - 116 S.
1980-1990. - 1991. - 164 S.
1990-1995. - 1995. - 319 S. erschienen u. d. T.: Chronik und Bibliographie/[erarb. von Gertrud Pannier u. Iris Schwarz]
<23> Prof. Dr. Horst Kunze wurde im November 1979 für seine Verdienste um das Institut, dessen Direktor er bis 1968 war, mit der Ehrendoktorwürde der Humboldt-Universität ausgezeichnet.
<24> Kunze, Horst: Zehn Jahre Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 79 (1965) - S. 641-660
<25> Koblitz, Josef: Die Stellung der Bibliothekswissenschaft und der Informations-/Dokumentationswissenschaft in der Informationswissenschaft. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 83(1969). - S. 719/720
<26> Erwin Marks schrieb über gewesene Hochschullehrer des Instituts einen Aufsatz: Nachdenken über ehemalige Professoren und Dozenten. In: Zbl. Bibl.-Wesen 104(1990). - S. 399-407
<27> Nestler, Friedrich: Entwicklung und Perspektiven des Direktstudiums. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 104(1990). - S. 395
<28>Marks, Erwin: Wissenschaftlicher Bibliothekar, Diplom-Bibliothekar, Fachbibliothekar. - In: Beiträge zur Geschichte der Berufsausbildung im Bibliothekswesen der DDR. - Leipzig : Bibliograph. Inst., 1979. - S. 74 - 77 (Der Bibliothekar : Beiheft ; 5)
<29> Schmidt, Karla: Die Entwicklung der Bibliothekarischen Wissenschaftskunde als Lehrgebiet für bibliothekarische Hochschulkader in der DDR. - Berlin, Humboldt-Univ. Diss. A, 1985, S. 83 - 92
<30> a.a.O. S. 83/84
Vgl. hierzu ergänzend den Abschnitt: Vollstudium Bibliothekswissenschaft (Direktstudium)
<31>Kunze, Horst: Zehn Jahre Institut für Bibliothekswissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 79(1964). - S. 646
<32> a.a.O. S. 647
<33> Marks, Erwin: Zur Strukturierung der Bibliothekswissenschaft in der bibliothekarischen Hoch- und Fachschulausbildung der DDR. - In: Entwicklungsprobleme der Bibliothekswissenschaft und der Informations- und Dokumentationswissenschaft als Hochschuldisziplin. - Berlin : Humboldt-Univ., 1977. - S. 40-46
<34> Nestler, Friedrich: Das bibliothekswissenschaftliche "Vollstudium" : aus der Arbeit der Kommission für Berufsnachwuchs und Weiterbildung des Deutschen Bibliotheksverbandes. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 80(1966). - S. 290-298, Zitat S. 291
<35> Siek, Erich: Das bibliothekswissenschaftliche Vollstudium. - In: Der Bibliothekar. - Leipzig 20(1966) - S. 477 - 488
<36> Fröschner, Günter: Bemerkungen zum Studienplan der Grundstudienrichtung Bibliothekswissenschaft, Direktstudium. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 93(1979). - S. 397-403
<37> Nestler, Friedrich: Entwicklung und Perspektiven des Direktstudiums am Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information der Humboldt-Universität zu Berlin. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 104(1990). - S. 393-398
<38> Koblitz, Josef: Erfahrungen im postgradualen Studium IDW. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 89(1975). - S. 257-262
<39> Marks, Erika: Erfahrungen und Probleme des bibliothekswissenschaftllichen Hochschulfernstudiums. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 89(1975). - S. 266-271;
diesselbe: Zwanzig Jahre Fernstudium Bibliothekswissenschaft. - In Zbl. Bibl.-Wesen 104(1990). - S. 411-414
<40>Verzeichnis der vom Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information in den Jahren 1970-1980 hergestellten Lehrmaterialien / zsgest. v. Martin Leupolt . 1981. - 30 S.
<41> Hübner, Wolfgang; Rückl, Steffen: Werkstandard für Lehrbriefe des Fernstudiums. - In: Hochschulwesen. - Berlin 26(1978)1. - S. 21-22
Dass. überarb. Aufl. von Martin Leupolt. - Berlin : IBI, 1986. - 16 S.
<42> veröffentlicht im amtlichen Mitteilungsblatt Nr. 46 der Humboldt-Universtität vom 29. September 1994 Vgl. Abschnitt 2.2.2. Studiendokumente
<43> Peter Stäber und Helmut Kubitschek haben ausführlich im Zentralblatt für Bibliothekswesen darüber berichtet: Stäber, Peter ; Helmut Kubitschek: Jubiläen und Ausstellungen. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 101(1987). - S.165-170
<44> Gegenstand und Methoden der Bibliothekswissenschaft unter besonderer Berücksichtigung der Bibliothekswissenschaft als Hochschuldisziplin : 2. Konferenz der bibliothekswissenschaftlichen Hochschulen und Institute in den sozialistischen Ländern ; Berlin, 24.-26.Mai 1962. - Leipzig : Verl. für Buch- und Bibliothekswesen, 1963. - 348 S.
<45> Gegenstand und Methoden ... a.a.O. S. 19-22
<46> Gegenstand und Methoden ... a.a. O. S. 337 - 339
<47> Kunze, Horst: Zehn Jahre Institut ... a.a.O. S. 650/651
<48> Gegenstand und Methoden ... a.a.O. S. 337/338
<49> Dube, Werner: Über den Stand der bibliothekswissenschaftlichen Forschungstätigkeit in der Deutschen Demokratischen Republik. - In: Libri 21(1971). - S. 361-368
<50> Haake, Rolf: Über die Forschungstätigkeit des Instituts für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 89(1975) - S.248
<51> Fröschner, Günter: Methodologische Probleme der Bibliothekswissenschaft; Kubitschek, Helmut: Zur Stellung der Bibliothekswissenschaft im System der Wissenschaften; IFLA-Sektion für Bibliothekstheorie und -forschung tagte in Berlin. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 97(1983). - S. 339-348
<52> Kubitschek, Helmut: Forschungsergebnisse und Forschungsstrategien am Institut für Bibliothekswissenschaft und wissenschaftliche Information; Freytag, Jürgen: Das Forschungsprofil des Instituts in den 80er Jahren. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 99(1985). - S. 381-398
<53> Kunze, Horst: Zehn Jahre Institut für Bibliothekswissenschaft ... a.a.O. - S.657
<54> Nestler, Friedrich: Friedrich Adolf Ebert 1791-1834 und seine Stellung im nationalen Erbe der deutschen Bibliothekswissenschaft. - Leipzig, 1969. - 206 S. - (Zentralblatt für Bibliothekswesen : Beiheft ; 84)
<55> Verzeichnis von Dissertationen und Abschlußarbeiten zum Bibliotheks- und Buchwesen 1960-1980 / hrsg. von der Deutschen Staatsbibliothek u. dem Institut für Bibliothekswissenschaft u. wissenschaftliche Information der Humboldt-Universität zu Berlin. - Berlin, 1984. - XV, 398 S. - (Bibliographische Mitteilungen / Deutsche Staatsbibliothek ; 29)
<56> Kubitschek, Helmut: Zur Koordinierung der bibliothekswissenschaftlichen Forschung in der DDR. - IFLA Paper. IFLA Council 1981. Division Education and Research. - 25/EDU/2/G. - 16 S.
<57> Freytag, Jürgen: Das Forschungsprofil des Instituts in den 80er Jahren. - In: Zbl. Bibl.-Wesen 99(1985). - S.390