Abstracts Sommersemester 2014
Offene Bestandsdaten und Linked Library Data – Carsten Klee, Staatsbibliothek zu Berlin / DINI-AG Offene Bestandsdaten
Aus dem Final Report der W3C Linked Library Data Group ist ersichtlich, dass sich Linked Library Data (LLD) bisher ausschließlich mit Norm- und Titeldaten beschäftigt hat. Um einen wirklichen Nutzen aus den Vorteilen von Linked Data zu ziehen, sollten sich Bibliotheken als nächstes an die Freigabe ihrer Bestandsdaten machen. Worin liegt genau dieser Nutzen und wie soll das geschehen? Im Gegensatz zu Norm- und Titeldaten weisen Bestandsdaten eine weitaus höhere Komplexität auf. Die DINI-KIM-AG Bestandsdaten hat es sich zur Aufgabe gemacht, Vorschläge für Beschreibung von Bestandsdaten mit Hilfe von RDF zu machen. Der Vortrag wird diese Fragen behandeln und einen Einblick in die Arbeit der DINI-KIM-AG Bestandsdaten gewähren.
Authenticity in the digital realm: ethnographic insights – Melanie Rügenhagen, IBI
Authenticity in the digital realm is difficult because digital objects can be altered with little effort, and because people have different perspectives on what is authentic. Authenticity plays a vital role when it comes to preserving digital objects for the future, since the means for preservation inevitably entail changes. The goal is to find a balance between the mutability of digital objects and the degree to which people tolerate alterations. This affects how long-term digital archiving strategies and methods make sense, since they depend on what users expect them to achieve. At the heart of this are people’s expectations about authenticity and how they conceive of the digital realm. This is what I examined as part of the project “Shaping Knowledge”, which belongs to the Cluster of Excellence “Image Knowledge Gestaltung” at Humboldt-Universität zu Berlin. I conducted an ethnographic study to find out how people perceive authenticity in the digital context. Interviews allowed a deep insight into the perspectives of a sample of researchers from the Cluster. My talk reports on this research.
European Information Science (EIS): Informationelle Mehrwerte für eine Informations- und Kommunikationsplattform der Informationswissenschaft – Prof. Dr. Rainer Kuhlen, Universität Konstanz
EIS – European Information Science soll eine neue, elektronisch verfügbare Open-Access-Zeitschrift auf dem Gebiet der Informationswissenschaft werden. EIS wird verlagsunabhängig nach dem Prinzip Open Access for and by Science aufgebaut. EIS stellt zwar auch die Standardfunktionen elektronischer Zeitschriften bereit. Aber Produktion, Austausch und Nutzung von Wissen vollziehen sich in elektronischen Umgebungen nicht nur über klassische Zeitschriftenfunktionen, sondern auf vielfältige Weise und unter Nutzung semantisch basierter, informativer, kommunikativer und sozialer Dienste. EIS soll entsprechend als Plattform mit umfänglichen innovativen Mehrwertleistungen weiterentwickelt werden: Es kommen (freie und kontrollierte) semantische Repräsentations- und Extraktionsverfahren, flexible Suchtechniken, Visualisierungsformen sowie kommunikative und kollaborative Verfahren zum Einsatz. EIS sichert Qualitätsansprüche durch Peer-Reviewing- und offene Web/Community-Reviewing-Verfahren. Es kommen klassische Nutzungs-Metriken wie Zitationsanalysen zum Einsatz, aber auch solche durch die Sammlung und Bereitstellung von Daten aus Altmetrics-Verfahren. Der inhaltliche Fokus von EIS liegt, neben informationstechnologischen und -methodischen Themen, auf den pragmatischen (handlungsrelevanten) und sozialen Aspekten der Informationsverarbeitung sowie deren kognitiven, kulturellen, ökonomischen, rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen. Die Bezugsgruppe von EIS (AutorInnen und NutzerInnen) sind in erster Linie WissenschaftlerInnen aus den europäischen Ländern. EIS ist aber für alle WissenschaftlerInnen weltweit offen. Verbindliche Publikationssprache ist Englisch. Parallel dazu kann in der jeweiligen Landessprache (durch EIS oder in einer nationalen Zeitschrift) publiziert werden.
Zeig mir mein Leben! Erstellung individueller "Lifebraries" mithilfe von Lifelogging-Technologien – Dr. Frank Hopfgartner, Technische Universität Berlin
Die traditionelle Methode, um sich an wichtige Ereignisse und Aktivitäten des eigenen Lebens zu erinnern, ist die Führung eines schriftlichen Tagebuchs. Mit der fortschreitenden Digitalisierung unseres Alltags wurde dieses analoge Tagebuch jedoch mehr und mehr durch eine digitale Variante ersetzt. Dank großer Fortschritte in der Entwicklung von mobilen und stationären Sensoren sind wir nun in der Lage, unser Leben digital abzubilden. Dies beinhaltet die Orte, die wir besucht haben (z.B. anhand von GPS-Daten), Dinge, die wir gesehen haben (anhand von Kameradaten), Personen, denen wir begegnen (z.B. anhand von Bluetooth-Signalen) und viele weitere Informationen. Eine Aggregation und Interpretation dieser Sensordaten, oftmals auch als Lifelogs bezeichnet, ist allerdings nicht trivial. In dieser Präsentation gebe ich einen Überblick über die aktuellen Ansätze des Lifeloggings und zeige, welche Herausforderungen vor uns liegen, um diese Daten in individuellen lifelog-libraries (Lifebraries) zu speichern.
Das Stasi-Schnipsel-Projekt – Innovationen für die Massendigitalisierung, Rekonstruktion zerrissener Dokumente und deren IT-gestützte Formierung – Dr. Bertram Nickolay, IPK Fraunhofer Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik
- Einführung in die Rekonstruktionstechnologie
- Aktueller Stand des BStU-Projekts zur Rekonstruktion zerrissener Stasi-Unterlagen
- Weitere Anwendungen der Rekonstruktionstechnologie in den Bereichen der internationalen Aufarbeitung von Gewaltregimen sowie der Wiederherstellung kultureller Güter
- Ausblick auf die Weiterentwicklung der Rekonstruktionstechnologie
Die illegitime Dokumentenvernichtung der deutschen kommunistischen Staatssicherheitsorgane führte zum unwiderruflichen Verlust von Archivmaterial. Wie groß das Ausmaß der politisch geleiteten Zerstörung von operativen Dienstdokumenten war, bestätigen folgende Zahlen. Nach dem Sturz des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR im Jahre 1989 belief sich das Erbe auf etwa 16.000 Säcke mit zerrissenen Unterlagen, insgesamt ca. 400 Millionen Papierschnipsel. Auf welche neuartigen technologischen Methoden kann man in Anbetracht der großen Materialmenge zerstörter Dokumente zurückgreifen, um von der mühsamen manuellen Rekonstruktion Abstand zu nehmen? Das Fraunhofer IPK hat 2013 die Entwicklung eines Systems zur automatisierten virtuellen Rekonstruktion abgeschlossen, das digitale Abbilder von Fragmenten zerrissener und beschädigter Dokumente computergestützt zusammensetzt und die Unterlagen wieder lesbar macht. In diesem Vortrag sollen die aktuellen Errungenschaften sowie Möglichkeiten des bekanntesten Projekts der Rekonstruktion dargestellt werden, welches Hochtechnologie, Politik und Geschichte in einzigartiger Weise verbindet – die Automatisierte Virtuelle Rekonstruktion der zerrissenen Stasi-Akten („Stasi-Schnipsel-Projekt“). Diese weltweit einzigartige Technologie findet deutschlandweit sowie international Anwendungspotenziale in den Bereichen der Wiederherstellung kultureller Güter, politischer Aufarbeitung sowie polizeilicher Fahndung.
Sehen, wer was sagt: Social Media Monitoring in Echtzeit mit blueReport – Kristina Müller, blueReport
Das Social Web mit seiner zunehmend wachsenden Bedeutung von Blogs und Sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter & Co. bringt neue Herausforderungen für die Unternehmenskommunikation vieler Firmen und Organisationen. Es stellt sich nicht nur die Frage nach der eigenen Aktivität und Präsenz in den Social Media, sondern auch nach dem Umgang mit öffentlichem Feedback oder gar Kritik. Big Data ist also das entscheidende Stichwort und die große Herausforderung. Für Unternehmen bietet die Analyse von Big Data unter anderem die Möglichkeit zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen, zur Generierung von neuen Geschäftsfeldern und die Möglichkeit zur direkten Kommunikation mit Stakeholdern. Wie man diese Menge von Daten anhand eines professionellen Media Monitorings strukturiert analysieren und beobachten kann, soll in diesem Vortrag betrachtet werden.
Pssssssst! Bibliotheks- und informationswissenschaftlicher Science Slam
Slammer gesucht! Weitere Informationen unter: www.ibi.hu-berlin.de/bbk/pssssssst, Anmeldungen/Anfragen an jacqueline.bayer [at] ibi.hu-berlin.de.
Antrittsvorlesung: Ein ‘Bibliotheksrecht’ gibt es natürlich nicht! – Prof. Dr. Eric Steinhauer, IBI / UB Hagen
Die große und in den letzten zehn Jahren stark gestiegene Bedeutung juristischer Fragestellungen im Bibliothekswesen ist eine Folge der zunehmenden Digitalisierung bibliothekarischer Angebote und Dienstleistungen. Dabei gerät jedoch leicht aus dem Blick, dass die in den Bibliotheken auftretenden Rechtsfragen erheblich vielschichtiger sind und nicht nur dem Urheber- oder digitalen Medienrecht entstammen. Im Rahmen der Vorlesung soll in einem Überblick die gesamte Bandbreite der für die Arbeit von Bibliotheken relevanten rechtlichen Themenfelder vorgestellt werden. Dabei wird nicht nur sichtbar, was zum Gegenstand der “juristischen Bildung" des Bibliothekars gehören sollte. Es wird auch die Frage aufgeworfen, ob es "Bibliotheksrecht" als eigenständiges Rechtsgebiet überhaupt gibt, geben kann oder geben sollte. Vielleicht ist "Bibliotheksrecht" ja nur die schlichte Bezeichnung für eine mehr oder weniger zufällige Ansammlung bibliotheksbezogener Rechtsprobleme, der ein übergreifendes und disziplinbildendes Erkenntnisinteresse aber fehlt.
Interaktives Patentretrieval – Prof. Dr. Christa Womser-Hacker, Universität Hildesheim
Die Suche nach Patentdokumenten nimmt ständig an Umfang und Wichtigkeit zu, für das Information Retrieval stellt diese Domäne mit ihren speziellen Anforderungen jedoch eine große Herausforderung dar. Die Benutzerklientel erweist sich durch vielfältige Rechercheabsichten sowie unterschiedliches Information-Retrieval- und Disziplinenwissen als sehr heterogen in Bezug auf Zielsetzung, Vorgehen, Terminologie, System- und Datenbankexpertise etc. Häufig zeigt sich eine Ablehnung von Ranking-Verfahren, weil das Vertrauen in vollautomatische Systeme fehlt oder aus Sicht der Benutzer zu wenig Transparenz und Kontrollierbarkeit vorhanden ist. Im Vortrag soll es um informationswissenschaftliche Projekte an der Universität Hildesheim gehen, welche nach innovativen Lösungsansätzen im Patentretrieval suchen (visualisiertes Ranking und Relevance Feedback, terminologische Vorschlagssysteme, Mining, etc.).
Von provokanten Steinen, sprechenden Muscheln und widerständigen Skizzen. Ethnographische Näherungen an den wissenschaftlichen Bildgebrauch am Exzellenzcluster Bild Wissen Gestaltung. Ein interdisziplinäres Labor – Thorsten Beck, IBI
Die Aktualität des Visuellen ist nicht erst seit der Etablierung bildgeleiteter Suchen im Internet ein Allgemeinplatz. Auch in der Wissenschaft hat der Einfluss von Bildern Konjunktur. Bildern wird bisweilen ein höherer Informationswert als Texten eingeräumt. Aber zu welchen Zwecken werden sie eigentlich in der Wissenschaft verwendet, wie werden sie gelesen und verstanden? Mit solchen Fragen hat das Projekt Shaping Knowledge den Exzellenzcluster Bild Wissen Gestaltung untersucht. Der Vortrag präsentiert Ergebnisse.
Bibliotheken ohne Gaming sind möglich aber sinnlos - wie Bibliotheken durch Gaming weiterentwickelt werden – Christoph Deeg
In den letzten Jahren hat sich die Bibliothekswelt nachhaltig verändert. Die zunehmende Digitalisierung unserer Gesellschaft hat nicht nur einen Einfluss auf Bibliotheksbestände, sondern wirkt sich letztlich auf alle Bereiche einer Bibliothek aus. eBooks, Datenbanken, Social-Media, das mobile Internet - diese Themen stehen stellvertretend für eine neue Bibliotheksarbeit, die nahezu alle Aufgaben einer Bibliothek in Frage stellen bzw. weiterentwickeln. Das Thema Gaming wird dabei in der Regel nur am Rande bearbeitet. Dabei wird Gaming wie kaum ein anderes Thema die Bibliotheken verändern. Dieser Veränderungsprozess betrifft sowohl öffentliche als auch wissenschaftliche Bibliotheken. Was Gaming für Bibliotheken bedeuten kann, warum Bibliotheken diesem Thema mehr Aufmerksamkeit schenken sollten und warum dann Bibliotheken richtig Spaß machen können - dies alles erklärt Christoph Deeg in seinem Vortrag.
Culturegraph – Eine Plattform für die Datenvernetzung – Christoph Böhme, DNB
In den letzten Jahren haben Bibliotheken und Bibliothekverbünde begonnen, ihre Datenbestände zu öffnen und als Linked Data zugänglich zu machen. Dabei finden jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher Identifikatoren und Datensatzbeschreibungen Anwendung. Diese Heterogenität erschwert die Integration von Daten aus verschiedenen Beständen.
Mit Culturegraph – einem Projekt von Deutscher Nationalbibliothek und Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft der Verbundsysteme – wurde eine Plattform aufgebaut, um die Datenbestände der Verbundsysteme abzugleichen und zu integrieren.
Im Vortrag werden die Herausforderungen und Ideen, die zur Entwicklung der Culturegraph-Plattform geführt haben, vorgestellt. Außerdem werden die Potentiale, die sich aus dieser Datenvernetzung ergeben, anhand der bisher erzielten Ergebnisse vorgestellt.